Feuermaschine

Wir bauen die Feuermaschine von Thomas Newcomen aus dem Jahr 1712

Wer macht mit?“

Am 16. März 2013 trafen sich einige interessierte Tüftler des Technikmuseums Freudenberg, um sich näher mit Fragen zu der ersten Dampfmaschine zu beschäftigen und vielleicht sogar eine Newcomen – Maschine nachzubauen. Es waren: Hans-Jürgen Klappert, Peter Preuschoff, Boris Wissmann, Friedhelm Geldsetzer, Annette Wissmann, Ralf Los, Hans Jürgen Klappert, Professor Dr. Andreas Limper, Hans-Joachim Scheel, sowie Wolfgang Leh und Roland Weber. Später stieß noch Uwe Elzenbaumer dazu. Wir recherchierten und recherchierten und recherchierten…….

Was wollten die Schrauber erreichen?

 Ein kleiner Rückblick auf die Entwicklung der Dampfmaschine

 Autarke Energiegewinnung mit der Dampfmaschine, unabhängig von Pferdekraft oder natürlichen Antrieben wie Wind- und Wassermühlen, rückte insbesondere im Bergbau des 18. Jahrhundert immer stärker in den Fokus, denn durch die immer tiefer gehenden Schächte mussten große Mengen Grundwasser gefördert werden. So waren zum Beispiel im Schemnitzer (Slowakei) Bergrevier 1696 etwa 800 Männer und Frauen sowie 576 Pferde allein mit der Beseitigung von Grundwasser beschäftigt.

Die Lösung: die Dampfmaschine!

Dampfmaschinen waren auch die Energiequelle der in den Städten entstehenden Fabriken, ja die Basis der Urbanisierung, und sie revolutionierten das Transportwesen. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden sie durch Benzin- und Dieselmotoren sowie Elektromotoren abgelöst.

Viele glauben, James Watt habe 1765 die erste Dampfmaschine erfunden. Doch weit gefehlt: Es war der englische Schmied Thomas Newcomen. Er baute 1712 die erste funktionierende Feuermaschine, wie sie auch genannt wird.

Bereits seit dem Jahr 1600 experimentierten verschiedene Wissenschaftler mit Kolben und Zylindern, um eine mechanische auf und ab Bewegung zu erzeugen. Das Prinzip, dem atmosphärischen Luftdruck einen luftverdünnten oder sogar luftleeren Raum entgegenzusetzen,

führte zu den verschiedensten Experimenten, um ein Vakuum zu erzeugen. Der Magdeburger Bürgermeister Otto von Guericke pumpte Luft aus einem geschlossenen Zylinder und erzeugte so unter dem Kolben ein Vakuum. Die Außenluft, also der atmosphärische Luftdruck, drückte den Kolben in den Zylinder obwohl 20-30 Männer an dem Kolben zogen. Mit diesen Experimenten demonstrierte er die physikalischen Voraussetzungen für die Entwicklung der atmosphärischen Dampfmaschine. Legendär ist sein Auftritt auf dem Reichstag in Regensburg. Er fertigte zwei Halbkugeln mit einem Durchmesser von etwa. 50 cm an und drückte sie luftdicht aufeinander. Dann pumpte er die Luft heraus. Danach konnten keine 22 Pferde die Kugeln     auseinanderziehen. Nur ein kleiner „Dreh“ am Lufthahn durch einen anwesenden Fürsten genügte, um die Kugeln zu trennen.

Es gab auch gefährliche Umwege: der niederländische Physiker und Mathematiker Christiaan Huygens wollte den Kolben mit Schießpulver bewegen, doch das misslang, die Teile flogen den Zuschauern um die Ohren. Da hatte sein früherer Mitarbeiter, der in Marburg lebende Franzose Denis Papin, mehr Glück. Er experimentierte um 1690 mit Wasserdampf um ein Vakuum zu erzeugen. Er ersetzte das Schießpulver durch ein Feuer unter dem Zylinder. Der Dampf strömte in den Zylinder. Kühlte er den Dampf mit kaltem Wasser ab, entstand ein Vakuum und der Kolben sank durch den atmosphärischen Druck, der von außen auf dem Kolben drückte, nach unten. Entwickelte sich wieder Dampf in dem Zylinder, „verschwand“ das Vakuum und der Kolben ging nach oben. Auch wenn die Maschine über ein Versuchsmodell nicht hinaus kam, hatte Papin doch das Grundprinzip der atmosphärischen Dampfmaschine entwickelt.

Auch der Engländer Thomas Savery experimentierte zu jener Zeit mit Dampf. Er baute eine kolbenlose Dampfpumpe, die aber eine geringe Leistung hatte und sehr reparaturanfällig war. Dennoch erhielt er 1699 ein Patent auf seine Maschine. Hierbei beanspruchte er das generelle Schutzrecht, Wasser mit Feuer zu heben.

Auf der Basis der Papin‚schen Maschine schuf 1712 der englische Schmied Thomas Newcomen (1663-1729) zusammen mit Savery, dessen Patent er brauchte, die erste arbeitsfähige Dampfmaschine.

Und so funktionierte Newcomens Maschine

In dem Kessel wird Dampf erzeugt, der durch ein geöffnetes Ventil mit maximal 0,5 bar in den darüber stehenden Zylinder gelangt.  Das Dampf-Ventil wird geschlossen. Damit der Dampf durch Abkühlen kondensiert, und ein Vakuum (Unterdruck) entstehen kann, läuft Wasser zur Kühlung und Abdichtung des Zylinders oben in den offenen Zylinder auf den Kolben. Die wesentliche Abkühlung des Zylinders zur Kondensation des Dampfes geschieht aber in der Form, daß ein Mantel um den Zylinder gelegt, und in den so entstandenen Zwischenraum das Kühlwasser geleitet wird. Noch vor 1720 verändert Newcomen die Abkühlung des Zylinders, in dem er auf die Kühlung des Zylinders von außen verzichtet und von unten Wasser in den Zylinder unter den Kolben einspritzt. So kühlt er den Dampf mit einer „Brause“ ab.

 

Der abgekühlte Dampf kondensiert zu Wasser. Es entsteht das Vakuum und der atmosphärische Luftdruck der Umgebung drückte den Zylinder durch den oben offenen Zylinder nach unten in dieses Vakuum. Damit zieht auf der anderen Seite des Balanciers eine Kette nach oben, welche die Wasserpumpe betätigt.

Der kondensierte Dampf fliest zusammen mit dem eingespritzten Wasser in einen Bottich (heiße Quelle genannt). Das energievolle Spiel kann von neuem beginnen! Die genutzte Energie entsteht durch die Druckdifferenz zwischen dem Umgebungsdruck und dem Unterdruck unterhalb des Kolbens. Deshalb wird die Newcomen`sche Maschine üblicherweise auch atmosphärische Dampfmaschine genannt.

So können etwa 15 Hübe pro Minute erzeugt werden. Genug, um mit einer Kolbenpumpe das Wasser aus den Kohlengruben in England zu heben.

(Siehe auch Schnittbild unten)

Zurück in das Jahr 2013 – Die Planungen starten

Schon bald saß die Arbeitsgruppe Feuermaschine zusammen, um sich sachkundig zu machen und Pläne zu entwickeln. Doch das war nicht einfach. Es fanden sich kaum belastbaren Unterlagen zu der Maschine. Zeichnungen waren nicht vorhanden und wir fanden zunächst nur einen Stich aus jener Zeit.

Erst im Laufe der Internetrecherche fanden wir zwei Maschinen in England. Ein Modell in Originalgröße steht im Dartmouth living Museum in der Nähe des Geburtsortes von Thomas Newcomen. Die Dampfmaschine wurde in den 60er Jahren gebaut.  Die kleinere Maschine steht sich im Science Museum in Manchester.

Doch das dritte funktionsfähige Modell im Maßstab von etwa 1:2 fand unsere besondere Aufmerksamkeit.  Die Auckland Steam Engine Society Incorporated (Neuseeland) hatte in der Zeit von 2012-2014 eine transportable Newcomen- Maschine gebaut. Anhand von drei Videos, die sie auf YouTube eingestellt hatten, konnten wir die Funktion der Maschine nachvollziehen und waren beeindruckt.

Es war ein glücklicher Zufall, dass unser leider inzwischen verstorbener Mitstreiter Peter Preuschoff, dessen Frau Schottin ist, mehrmals im Jahr nach Schottland zu Besuch bei ihren Verwandten fuhr und dabei auch die Gelegenheit wahrnehmen konnte, die beiden Maschinen in England zu besichtigen.

Professor Dr. Limper, damals Geschäftsführer der Freudenberger Firma HarburgFreudenberger, war öfter geschäftlich in dem englischen Zweigwerk bei Manchester. Beide fotografierten die Maschine in Manchester und gaben uns damit wichtige Hinweise. Prof. Dr. Limper nahm persönlich Kontakt mit der dortigen Museumsleitung  auf, die uns daraufhin Unterlagen über den Bau und den Betrieb ihrer Maschine zusandte. Sie sind für uns heute neben den Informationen aus Neuseeland eine wichtige Grundlage für den Betrieb unserer Maschine.

Über die Maschine in Dartmouth gibt es ein interessantes Video. Hier erübrigten sich Fotoaufnahmen.

Nach intensiver Diskussion beschlossen wir, das Neuseeländer Modell als Vorbild zu nehmen.

Der erste Kontakt mit Neuseeland

Am 19.8.2013 sandten wir einen Brief an die Dampffreunde in Auckland, Neuseeland. Wir baten sie, uns bei unserem Projekt zu unterstützen. Im Laufe der folgenden Zeit übersandten Sie uns Skizzen der Maschine und Erläuterungen zu einzelnen Bereichen. Außerdem erhielten wir eine Anzahl von Heften, die halbjährlich von der Dampf- Szene in Neuseeland heraus gegeben wurden und in denen der Fortgang des Baues der Maschine beschrieben wurde. 

 

Wir haben uns in dieser Phase des Jahres 2013 intensiv damit beschäftigt, wie wir unsere Maschine bauen wollten. Wir hatten noch wenig Ahnung über die Funktion und Entstehung des Vakuums unter dem Zylinder und tappten im Dunkeln, welchen Druck der Behälter für den Dampf haben müsste. Erst im Laufe der Zeit fanden wir durch die Kontakte mit Neuseeland heraus, dass es sich um einen Niederdruckkessel handelt, der maximal 0,5 bar Druck hat. Nun wurde uns die Funktionsweise der Maschine zur Entstehung des Vakuums unter dem Zylinder Kolben  bewusst.

Leider ist das Vorhaben damals „eingeschlafen“, weil wir zeitlich nicht in der Lage waren, das Projekt fortzuführen. Die Planungen für den großen Anbau am Museum hatten begonnen und wir waren zu wenig Aktive, um beides gleichzeitig zu bewältigen.

Nachdem die Erweiterung des Museums abgeschlossen war, nahmen die Schrauber 2020 einen neuen Anlauf, die Maschine zu bauen.

Unser Mitglied Mike Heck entwickelte aus den Skizzen der Dampffreunde in Neuseeland die Pläne auf seinem Computer und schon bald ging es los. Das Holzgestell wurde errichtet und der Waagbalken aufgesetzt. Feuerung und Kessel wurden eingebaut, der Bronzezylinder aufgehängt, die vielen Rohre verlegt……….um nur einige Punkte zu erwähnen.

Anfang 2020 beginnen Mike Heck und ich, uns nach der mehrjährigen Pause seit 2013 erneut mit der Planung der Feuermaschine zu beschäftigen. Ein großes Team steht uns nicht zur Seite, aber einige Technikfans – Schrauber und Ingenieure, wie Mike Heck, der die Zeichnungen erstellt und Wolfgang Denker, der als Ingenieur die Federführung beim Aufbau hat -, sind unermüdlich dabei, die Maschine zu vollenden. Als Aktive sind noch zu nennen: Bernd Peleikis, Bernd Grebe, Lothar Schlemper und Hermann Schöler, der uns die Fliesen legte und sich intensiv um die Konstruktion der Feuerbüchse kümmerte. Für besondere Aktionen halfen uns weitere Mitglieder des Vereins.

Der Zeitpunkt des Beginns der Planungen war nicht unbedingt glücklich gewählt, denn wir waren noch dabei, die große Ausstellung zur regionalen Industriegeschichte auf der Empore im Technikmuseum aufgrund der Förderung durch das Land NRW zu konzipieren. Aber da sich mit Mike Heck ein Mitglied unseres Vereins gefunden hatte, das bereit war, sich intensiv mit der Feuermaschine auseinanderzusetzen und aus den Neuseeländer Skizzen brauchbare Zeichnungen anzufertigen, haben wir diesen Schritt gewagt. Entgegen kam uns allerdings die Corona-Epidemie, denn wir hatten das Museum 2021 und 2022 geschlossen, so dass wir zum arbeiten in der Maschinenhalle freie Hand hatten.

Mike beginnt im Februar 2020 die Skizzen aus Neuseeland in Zeichnungen mit metrischen Maßen am PC umzusetzen. Ich bemühe mich im ersten Halbjahr um Sponsoren für einzelne Gewerke. Die Fa. Gissel erklärt sich bereit, uns als Spende den 1.000 Liter Tank mit Gestell zu schweißen. Die Teile für das Gestell sägt Bernd Grebe.

Nach wie vor in der Diskussion: wie gestalten wir die Feuerung. Hermann Schöler hatte vorgeschlagen, fertige Feuerungsteile aus Kamineinsätzen zu nehmen, leider kamen wir damit den Maßen nicht hin. Wir haben letztlich mit Hermann Schöler zusammen entschieden, dass die Feuerung den Angaben und Maßen aus Neuseeland entsprechend gebaut werden soll. Er hat sich besonders um die Herstellung der Feuerbüchse bei der Fa. Hodel gekümmert, die am 24.April 2024 fertig gestellt wurde. Wer weiß, wie dieses wichtige Teil der Feuermaschine ohne seine Hilfe geworden wäre.

Ein komplexes Vorhaben, das in der praktischen Ausführung vor Ort ausschließlich von ehrenamtlichen Mitgliedern des Museums vollendet wird und 2024 seine Vollendung findet!

Unsere Projektförderer der Feuermaschine

Albert Hodel GmbH Freudenberg (Wärmetauscher); BGH Edelstahlwerke GmbH Siegen (Kolben+Zylinder); Bertrams AG Siegen (Schornstein); Engel & Jung AG Freudenberg (Farbe); Kröna GmbH Kreuztal (Farbe); Gissel GmbH Freudenberg (Wassertank und weitere Behälter); Harburg-Freudenberger Maschinenbau GmbH Freudenberg (Beton für das Fundament); Markus Mann, Mann-Energie GmbH & Co KG Langenbach (Holzbalken für das Gestell); Slawinski und Co. GmbH Siegen (Böden für Dampfkessel); STABO Stahlbau Boschgotthardhütte GmbH Siegen (Dampfkessel); Heinrich Georg GmbH Kreuztal und Mechanische Werkstatt Becher  Katzwinkel (historisches Dampfventil); Dietrich Waffenschmidt Haustechnik Freudenberg (Rohre, Ventile, etc.); Kettenmuseum  Fröndenberg (Kette); Kellershohn GmbH und Co. KG Kreuztal (Gerüst); Westnetz GmbH Siegen (Steiger); Wurth GmbH Befestigungstechnik Niederfischbach ( alle Schraubenverbindungen und Zubehör); IBF Ing. Büro GmbH Freudenberg (Zubehör); Lenhard Graphics Siegen (Infotafel), VR-Bank Freudenberg-Niederfischbach eG Freudenberg (Barspende);

Mit Hilfe der Sponsoren konnten wir einen großen Teil der Kosten decken. Wir danken allen sehr für ihre Unterstützung.

Wenn Sie uns bei diesem in Deutschland einmaligen Vorhaben finanziell  unterstützen möchten, Sprechen Sie uns bitte an.

Bilder des Holzgestells und vom Aufbau